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das magazine n. 2/2017

We´ll come united - CommUnityCarnival 2017, Dokumentation der Demonstration

Das Vorbereitungscamp läuft auf Hochtouren. Riesig viele Leute sind da. Aus Hanau, aus Dortmund, Hannover, München und sonst wo aus Deutschland. Regenschirme werden mit Slogans gesprüht, ein Banner mit der Aufschrift "You also can become a Refugee" gehängt. Menschen bringen kunstvolle Dekorationen an den Floats an. Soundcheck hier und da, Musik und Redebeiträge. "Solidarity" wird auf Aufklebern verteilt.

Der Bündniswagen bezieht Stellung gegenüber dem Wagen von Theater X. Es geht los. Reden von Betroffenen, Geschichten von Geflüchteten. Das große Drama von allen, nirgends bist du richtig erwünscht, die eigene Identität ist plötzlich eine ganz andere. Die Länder durch die du kommst, wollen dich nicht. Du gehörst nicht dazu, hast keine Rechte. Niemand weiß, wie du bisher gelebt hast. Niemand weiß, was du kannst.

CommUnity Carnival 2017

Final Speach from Samee, 4 min., englisch

 

"We are huge and we´ll grow. We´ll get europeanwide, worldwide .... We have to stopp the AFD." Samee Ullah, Koordinator des CommUnityCarnivals, hält eine Abschlussrede bei der Schlusskundgebung am Oranienplatz.

The records are special contributions from Muhammed Lamin Jadama and other filmmakers.

Die Berichte

Politik und aktuelle Missstände sollten hier auf kreative Weise behandelt werden.

von Gianna

Der CommUnity Carnival war für mich ein neues und spannendes Erlebnis, da ich zwar bereits auf einigen antirassistischen Demos demonstriert und auf der anderen Seite auf Karnevals, wie dem Karneval der Kulturen, getanzt habe, die Verbindung aus beiden Elementen jedoch etwas Besonderes für mich war. So besonders war es für mich auch deshalb, weil ich als aktives Mitglied  in der Theater X Crew an bei Vorbereitungen und der Gestaltung des Karnevals mitwirken durfte.
Politik und aktuelle Missstände sollten hier auf kreative Weise behandelt werden. Buntes Treiben, Musik und Feiern (!) - was hat das denn bitte mit der Ernsthaftigkeit unserer politischen Probleme zu tun, fragen Sie sich vielleicht? Rassistisches Denken greift um sich, meist aus Angst und Unwissen, wieso sollte man das feiern?
Auf der einen Seite wollten wir grotesk sein. Besonders Theater X hat mit seinen Performances und der Gestaltung des Wagens eine Art Geisterbahnfeeling erzeugt. Jedoch mit gutem Ausgang: vom Schwarz-Weiß-Bühnenbild, inspiriert von Picassos Guernica, über "neokoloniale Postkarten", die die grausame Wahrheit unserer heutigen Zustände aufzeigen, bis hin zu bunte Symbolelementen, wurde der Wagen immer farbiger.
Auf der anderen Seite stand das bunte Treiben, das fröhliche Miteinander, für die Schönheit unserer Bewegung. Zusammen wollten wir feiern, dass es viele Menschen auf der Welt gibt, die etwas tun wollen, die sich engagieren und ein friedliches und respektvolles Miteinander schon jetzt zelebrieren. Das, was wir uns für uns alle und für die Zukunft wünschen.
Der außerordentliche Zusammenhalt und die dadurch entstandene Kraft haben mich verblüfft. Als nichtsahnende Praktikantin hatte ich wohl genau den richtigen Zeitpunkt gewählt, um mein Praktikum zu absolvieren. So wurde ich Teil dieses hoffnungsvollen Stroms und eines sehr netten, bunt zusammen gewürfelten Teams.
Innerhalb kürzester Zeit haben wir es geschafft, einen sich wandelnden imposanten Wagen auf die Beine zu stellen und beeindruckende Performances darzubieten. Kolonialismus in der heutigen und früheren Zeit, Gewalt und Angst waren unser Thema.
Der Zug startete mit einer Theater-Performance, in der ein Jugendlicher zu einem Fest der Freundin seiner Mutter geht. Ausgelassen feiern die Gäste, als plötzlich ein Bombenregen über sie fällt! Der Junge überlebt, doch kann seine Mutter unter den bis zur Unkenntlichkeit  Verletzten und Toten nicht mehr finden. Er sucht ihren goldenen Ring an den Händen der Leute am Boden und findet ihn schließlich am Finger einer Fremden. Seit diesem Tage fürchtet er Gold.

Die Zuschauer*innen waren mitgerissen von diesem Schauspiel, das leider das zeigt, was überall auf der Welt passiert. Der Marsch und das Tanzen gingen los. Wir zogen durch die Stadt. Es wurde gerappt, gesungen, Reden gehalten und erzählt. Von überall her waren Leute angereist, am Ende waren wir an die 15.000.

Grüß Gott aus der Hauptstadt

von Taners
 
Am Sonnabend den 16.09.2017 waren in Berlin gleich mehrere Demonstrationen angemeldet. Ich war auf der Demo für Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für Geflüchtete aus aller Welt und gegen eine „Obergrenze“. Die Demonstration war allerdings eher wie ein Karneval gestaltet: zwanzig große LKW würden über den Tag einen Umzug von Moabit durch Mitte bis zum Oranienplatz machen. Ich für meinen Teil habe mich beim Programm vom Truck unseres „Theater X“ und des „Club al' Hakawati“ beteiligt.
Wir trafen uns morgens alle beim „Camp“, wo die Trucks verkabelt und geschmückt wurden. Gegen 11 Uhr probten wir noch einmal unsere Choreographien und Szenen, die wir über den Tag zeigen würden und es waren schon Dutzende Demonstrant*innen daran interessiert, was wir da machen. Einige fragten sogar, ob sie sich denn nicht anschließen dürften.
Um 14 Uhr hielt der erste Wagen, der das Thema „We'll Come United“ hatte, und den viele Repräsentant*innen des gesamten Bündnis mit gestaltet hatten, seine Eröffnungsrede.
Daraufhin führte der „Club Al'Hakawati“ einen Teil ihres aktuellen Stücks „Fear and the City“ aufgeführt. Die Menge war vollkommen still und wendete ihre Augen nicht von der Szene, in der die Hakawati zuerst Alltagstätigkeiten verrichteten und sich nach dem Fall einer Bombe in einer zerstörten Welt wieder fanden. Einge der Darsteller*innen der Hakawati und des großen Theater X-Ensembles, so auch ich, liefen, als die Szene geendet hatte, zum gegenüberstehenden „We'll Come United“ Wagen und brachten Transparente, die populistisches und rassistisches Gedankengut zeigten 'zum Fallen': wir rissen es als Teil der Performance herunter.
Während des Umzugs bin ich auf dem fahrenden Wagen, vom Keyboard begleitet, als unser Innenminister „Thomas de Misere“ aufgetreten und sang fröhlich über „Leitkultur“. Es ist ein opernangelehntes Stück, in dem wir uns vom „Zehn-Punkte-Programm für Integration“ von Thomas de Maiziere, dass u.a. in der Bild Zeitung abgedruckt wurde, inspirieren ließen. Es handelte sich zwar um Satire, jedoch war mir trotzdem nicht ganz wohl bei dem Gedanken, solch ein Stück auf einer Demonstration aufzuführen, da ich befürchtet hatte, dass es einige falsch aufgreifen könnten. Die Zuschauer griffen es aber entgegen meiner Befürchtungen sehr gut auf und verstanden, dass es ironisch gemeint ist.
Im Lustgarten machten wir nach ein paar Stunden Halt und führten auf der Straße ein kleines Statuen-Theater auf, in dem wir die heuchlerischen Seiten der Asylpolitik aufzeigten. Sei es die Frage, warum denn plötzlich die Europäische Union an Afrika interessiert sei und inwiefern die Menschen in Afrika mithilfe großer Institutionen ausgebeutet werden. Die Schattenseiten des wirtschaftlichen Aufschwungs in den 50er Jahren. Die Ebbe und Flut am Mittelmeer – die Touristen und die Menschen, die versuchen sich in Europa ein neues Leben aufzubauen.
Zuletzt sind wir noch mit einer kleinen Aufführung aus dem Stück „Was denkst du, Aisha?“ von Aysima Ergün aufgetreten. Die Pointe des Stücks liegt darin, dass jeder Mensch ein Individuum ist und wir aufgrund von äußerlichen Erscheinungen über einen Kamm geschoren werden und die immer selben Diskriminierungen erfahren.

Es ist sehr wichtig für uns, dass die Politiker*innen unsere Stimmen hören

von Muchtar

Theater X ist ein Ort, wo alle Leute willkommen sind und sie sind wie eine Familie. Sie helfen einander und entwickeln alles miteinander:
Theater X und der Club al'Hakawati bieten mir eine Bühne, wo ich alles erzählen kann. Sie haben den Geflüchteten eine Tür geöffnet zu einem Raum, in dem sie über ihren Schmerzen und alles was sie erlebt haben erzählen können.
Beim Community Carnival habe ich mit den Hakawati die Auftakt-Performance gemacht. Wir zeigten eine Szene von unserem aktuellen Stück Fear And the City. Es wird eine Geschichte erzählt, in der eine Person erfährt, dass bei der Hochzeit, bei der ihre Mutter zu Gast ist, eine Bombe gefallen ist. Die Person macht sich auf die Suche nach der Mutter. Da die Leichen bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sind, kann die Person nur nach dem goldenen Ring ihrer Mutter suchen. Zuletzt findet sie den Ring an der Hand einer lebenden Person, einer Bewohnerin des Dorfes, in dem die Bombe gefallen war. Seitdem, so erzählt die Person, hat sie Angst vor allem, was aus Gold ist.
Viele Menschen waren dort, und sahen sich die Szene an. An diese Menschen wollten wir unsere Message weitergeben. Es ist sehr wichtig für uns, dass die Politiker*innen unsere Stimmen hören und dass die Stadt aufhört, die Geflüchteten abzuschieben und - im Gegenteil - mehr Menschen rein lassen .

Theater X und Club Al-Hakawati

Interview mit Samee Ullah

coming soon....

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